Bescheide über wiederkehrende Beiträge sind raus

Post date: Oct 13, 2013 11:51:18 AM

ein Beitrag von Udo Key:

Am Wochenende gingen die aktuellen Bescheide über die wiederkehrenden Beiträge den jeweiligen Grundstücksbesitzern zu. Die Beträge sind durch die Straßenausbau-beitragssatzung der Gemeinde Markvippach und diese durch das Thüringer Kommunalabgabengesetz geregelt und damit unabdingbar. Die Höhe der Beiträge hängt von der Größe der Grundstücke ab und ist in den Bescheiden auf Heller und Pfennig nachvollziehbar.

Was aber auch für uns als Gemeinderat nur schwer nachvollziehbar war und ist, ist die Tatsache, das durch eine Änderung des ThürKAG im Jahre 2011 rückwirkend (im Falle der Gemeinde Markvippach) von 1996 bis 2001 wiederkehrende Beiträge eingezogen werden müssen für Maßnahmen, die längst abgeschlossen sind und für den jetzigen Haushalt unrelevant sind, da diese Maßnahmen ohne Beteiligung der Bürger geplant und auch durchgeführt werden konnten.

Wir hatten diesen Beschluss im Gemeinderat letztes Jahr in einer ersten Abstimmung einstimmig abgelehnt und wurden im Nachtrag durch die Kommunalaufsicht darauf hingewiesen, das dies nicht möglich sei und notfalls ein Zwangsbeschluss mit Beteilung der Bürger in gesetzl. maximal machbarer Höhe von 80% erfolgen würde. Daraufhin wurde nach langen Verhandlungen und zum Schutz der Bürger vor noch höheren Abgaben der Kompromiss eingegangen, dass für den Zeitraum 1996 - 2001 nur 25% der Kosten auf die Grundstücksbesitzer umgelegt werden, was den gesetzlich möglichen Mindestanteil entsprach. Uns als Gemeinderat wurde durch das ThürKAG und mit der Kommunalaufsicht als kontrollierendes Organ keine andere Wahl gelassen und meiner Meinung nach auch unser demokratisches Recht zur Selbstbestimmung genommen.

Sie als Grundstücksbesitzer haben jedoch noch eine Möglichkeit auf kommende Rechtssprechungen zu reagieren. Mit Zugang des Bescheides haben Sie 1 Monat lang die Möglichkeit Widerspruch einzulegen. Die Widerspruchsbelehrung dazu finden Sie auf dem Bescheid. Dies ist in der Hinsicht interessant, das es mittlerweile Zweifel an der Rechtmäßigkeit der ThürKAG gibt und die Verjährungsfrist nicht einfach so ins unendliche gezogen werden darf. Lesen Sie dazu folgenden Artikel in der OTZ vom April 2013. Es geht zwar um Abwasseranlagen, aber die Verjährungsregelung betrifft im ThürKAG auch die Straßenausbaubeiträge:

Urteil zu Beiträgen für kommunale Abwasseranlagen betrifft auch Thüringen

Das Bundesverfassungsgericht hebelt eine spezielle Fristenregelung im bayerischen Kommunalabgabengesetz aus.

Erfurt.

Mit Beiträgen für kommunale Abwasseranlagen dürfen Hauseigentümer nicht zeitlich unbegrenzt nach Fertigstellung der Investition belastet werden.Das hat das Bundesverfassungsgericht in einem jetzt bekannt gewordenen Urteil (Az.: 1 BvR 2457/08) entschieden. Mit dem Beschluss wurde zwar eine Vorschrift des bayerischen Kommunalabgabengesetzes ausgehebelt. Das Thüringer KAG enthält aber eine sehr ähnliche Regelung. Die Aussagen des Bundesverfassungsgerichts "dürften daher auch auf das Thüringer Landesrecht übertragbar sein", ist sich der Vize-Geschäftsführer des Gemeinde- und Städtebundes, Bernhard Schäfer, ziemlich sicher.Es geht um die Verjährungsfrist für Beitragsbescheide. Im beanstandeten bayerischen wie auch im thüringischen KAG ist geregelt, dass die Aufgabenträger vier Jahre Zeit haben, um Beiträge zu erheben. Die Frist beginnt mit Aublauf jenes Jahres, in dem die Beitragspflicht entstand. Was aber geschieht, wenn die örtliche Beitragssatzung von einem Gericht für ungültig erklärt worden ist? Für diesen Fall haben die schlauen Gesetzgeber eine Sonderregelung gefunden: Dann beginne die vierjährige Frist eben erst mit Ablauf jenes Kalenderjahres, in dem eine gültige Satzung beschlossen wurde (§15 ThürKAG). Damit verschiebt sich praktisch die Frist ins Grenzenlose.

Genau das hält das Bundesverfassungsgericht für unvereinbar mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit. Die Bürger haben einen Anspruch auf "Belastungsklarheit", befanden die Richter. Die Verjährung von Ansprüchen diene dem Zweck, dass Beitragspflichtige irgendwann nicht mehr mit ihrer Inanspruchnahme rechnen müssen. Oder, wie es in einer Pressemitteilung des Verfassungsgerichts zum Urteil noch schöner formuliert ist: Je weiter der Zeitpunkt des erlangten Vorteils von der Beitragserhebung zurückliege, "desto mehr verflüchtigt sich die Legitimation zur Erhebung solcher Beiträge".Die Bayern haben Zeit bis 1. April 2014 erhalten, den Gesetzesfehler zu beheben. Ansonsten tritt Nichtigkeit der Vorschrift ein. Und Thüringen? "Ist nicht so im Zugzwang", sagt ein Sprecher des Innen­ministeriums auf Anfrage dieser Zeitung. Sabine Kraft-Zörcher, Fachanwältin aus Jena, sieht das ganz anders. Das Land ist gut beraten, sagt sie, möglichst rasch eine rechtskonforme Verjährungsregelung zu finden. Zumal Gerichte entsprechend gelagerte Verfahren gewiss so lange aussetzen würden. Den Rat des Gemeinde- und Städtebundes an die Thüringer Kommunen, die heikle Regelung bis auf Weiteres nicht mehr anzuwenden, hält die Juristin für nicht praktikabel.

Volkhard Paczulla / 09.04.13 / OTZ

Falls Sie einen Widerspruch einlegen, entbindet das aber nicht von der Zahlung. Sie würden dann jedoch nur unter Vorbehalt zahlen und bei entsprechender Rechtsprechung das Geld eventuell erstattet bekommen. Ohne Widerspruch wäre es jedoch fast unmöglich für eine Erstattung der zuviel gezahlten Beiträge.

gez.

Udo Key

GR-Mitglied