Heimatglocken - Markvippach 1917-12

Post date: Oct 29, 2012 11:09:35 AM

Quelle: Manfred Schiller Schloßvippach, Heimatglockenarchiv

"Liebe Freunde nah und fern! In die Niederschrift dieser Zeilen tönen die ersten Klänge der Friedensglocken herein. Von Osten her haben sie, zwar leise noch, jedoch bestimmt geläutet. Ob sie anschwellen werden zu vollem Klang und hinklingen werden über den ganzen Erdenrund, soweit er vom Kriegslärm erfüllt ist? Aber wir wollen diese Friedensklänge uns ein gut Zeichen sein lassen! Sie geben denen Recht, die von Anbeginn an ein gutes Ende glaubten, die immer wieder zu Geduld und zum Ausharren riefen, wenn unter der langen Dauer des Krieges die Kraft erlahmen und der Mut sinken mochte, wenn unter der Last der Verordnungen, Einschränkungen und Entbehrungen die Zunge harte Worte nicht mehr zügeln lassen wollte. So viele derer, die uns Verderben sannen, hat schon ein rächendes Geschick ereilt. Belgien 1914, Serbien 1915, Rumänien 1916. Nun hat auch der Herbst 1917 das Seine getan für unsern Sieg und dem treulosen Italien den verdienten Lohn gebracht in den furchtbaren Schlägen, die es – wie freuten wir uns darüber – von den verbündeten Heeren in den letzten Wochen empfing. Und jetzt kommt Russland, das den Weltbrand entfachte, und bittet um Frieden. Es kann nicht mehr! Ihr Christenleute, ist`s nicht das alte Wort, das wieder in Erfüllung geht: Gerechtigkeit erhöhet ein Volk, aber die Sünde ist der Leute Verderben? Oder das andre: Gott lässt sich nicht spotten, was der Mensch säet, das wird er ernten? Und die ernsten Tage des Monats November, Bußtag und Totensonntag, hatten sie nicht recht, wenn sie ob unsrer Ungeduld und straften, die nicht warten will, und ob unsrer Unzufriedenheit, in der so viele sich nicht dankbar freuen wollen des guten Fortgangs unsrer Sache und der herrlichen Siege unsrer Waffen? Laßt uns stehen bei unserm Hindenburg und seinem Worte, das er jüngst gesprochen: wenn wir noch eine Zeit lang Kraft und Geduld haben, dann bringen wirs zum guten Ende“.

Am 22. Nov. Haben wir die Witwe Juliane Friederike Charlotte Soenderoz zur letzten Ruhe geleitet. Im hohen Alter von 81 Jahren ist sie nach längerem Leiden heimgegangen. Ueber ihrem Grabe klang das Wort: „Du leitest mich nach deinem Rat und nimmst mich endlich in Ehren an“.

Bei der Kirchgemeindevorstandswahl am 11. Nov. Wurde an Stelle des ausgeschiedenen Mitgliedes Franz Oehlwein der Landwirt Wilhelm Friedrich gewählt, bei der Gemeinderatswahl am 26. Nov. Einstimmig Amtsrat Refardt und Alfred Roth wieder= und der neue Rittergutspächter Otto an Stelle seines ausgeschiedenen Vorgängers Oberleutnant Werneburg neu gewählt. Die Gemeindejagd wurde für 2500 M. an Herrn Bezirksdirektor Heydenreich und Hofzahnarzt Dr. Dobbek in Weimar verpachtet. Die Jagd in Bachstedt mit Ballstedt brachte 380 Hasen und 20 Stück andres Kleinwild zur Strecke, wovon 250 Hasen an den Kummunalvernd abgeliefert wurden. Die Beckenkollekte am 2. Reformationsfesttage brachte 22,80 M. für den Gustav Adolf=Verein, die am Bußtage 9,97 M. für die Innere Mission, die am Totenfeste 25,70 M. für die örtliche Kriegsfürsorge. Die Schulkinder spendeten aus Anlaß der Reformationsfeier 14,45 M. Auf Urlaub waren in der Heimat Leutnant Refardt, Fritz Härter, Martin Reuße. Hermann Udhardt, der vermisst war, hat aus englischer Gefangenschaft geschrieben. Arno Patenge liegt erkrankt an Lungenspitzenkatarrh im Lazarett, Paul Kästner ist nach dreimonatigem Kranksein aus dem Lazarett wieder zur Truppe zurückgekehrt. Edwin Wächter und Hermann Stiebritz wurden einberufen.

Gesegnetes Weihnachten und Frieden auf Erden 1918!

Reuße."