Heimatglocken - Markvippach 1916-07

Post date: Jul 3, 2013 12:54:01 PM

Quelle: Manfred Schiller Schloßvippach

Im Gegensatz zu dem heißen Juni 1915 haben wir in diesem Jahre einen recht kühlen Heumonat gehabt. Er war so kühl, daß an manchen Tagen erst ein Feuerchen im Ofen den Aufenthalt in der Stube behaglich machen musste. Das Wachstum der Früchte, namentlich der Gartengewächse, und da besonders der Gurken und Bohnen, blieb stark zurück, und die Frühgemüse und Frühkartoffeln, die das letzte Drittel des Juni meist schon reichlich auf den Markt zu bringen pflegt, werden dadurch leider in dieser nahrungsknappen Zeit des Jahres erst einige Wochen später, als wir wünschten, der Volksernährung dienstbar werden. Manchen Schaden haben auch die in unsrer Gegend noch verhältnismäßig zahlreichen Imker zu beklagen, weil bei der kalten Witterung ihre Bienen nicht ausfliegen und den süßen Honigsegen aus der reichen Esparsette= und Akazientracht nicht heimschaffen konnten. Aber die Hauptsache, das Feld, steht weiter gut. Schon neigt das Korn schwer seine Aehren, und die goldigen Streifen der Wintergerstenfelder künden die nahende Ernte. Die Kleestücke und Wiesen haben bereits eine meistens recht gute erste Ernte gegeben, und sie ist trotz des unbeständigen Wetters und manchen Regen, die sie über sich ergehen lassen mussten, auch gut unter Dach und Fach gekommen. Für den Juli wünschen wir uns nun vor allem Wärme, damit der Beginn der Ernte sich nicht so weit hinausschiebt und möglichst noch zur üblichen Zeit, Ende Juli, mit dem Roggenschnitt begonnen werden kann. Hoffentlich enttäuscht der verregnete Siebenschläfer seine Getreuen ebenso, wie es die Märzennebel mit ihren Gläubigen getan haben, und es regnet nur so viel, als wir brauchen. – Da alles, was zur Ernährung von Mensch und Tier dient, hoch im Preise steht, selbst wenn es reichlich vorhanden ist, konnte die Gemeinde bei den ersten Fruchtverkäufen für ihre Kasse ein gutes Ergebnis erzielen. So wurde das Gras in den Straßengräben und an den Wegerändern für 64,30 M., die Kirschen an der Straße nach Vippachedelhausen für 340 M. verkauft, einen Preis, der für diese Kirschen noch kein Jahr gegeben worden war. Freilich müssen wir nun auch den doppelten Preis, nämlich 40 Pfg., fürs Pfund Kirschen zahlen. Es würde vielleicht zu überlegen sein, ob nicht bei künftigen Verkäufen für die Ortsbewohner ein geringerer Preis vom Pächter gleich in den Pachtbedingungen erwirkt werden könnte.

– Der Frauenverein kam am 4. Juni abends zu einer Beratung zusammen. – Die Kollekten brachten am Himmelfahrtsfeste für die Baseler Mission 6,35 M., am Pfingstfeste für die örtliche Kriegsfürsorge 15 M., für kirchl. Armenpflege 4 M., für den Kirchbaufonds 3,90 M., für den Gustav Adolf=Verein wurden 77,20 M. gegeben. Von unsern Soldaten konnten Karl Klee, Paul Angermann, Artur Oehlwein und Herm. Gundermann nach langem Fernsein wieder einmal einige Wochen in der Heimat weilen. Gefreiter O. Dornis, an Höhe 304 durch Handgranate am Auge leicht verwundet, liegt in Stenay im Lazarett, Emil Baumann in Bittburg bei Trier magenkrank. Ins Feld gerückt sind Artur Focke, Oskar Urbach und Karl Dittmar. Leider hat das große Ringen um Verdun von unserer Gemeinde noch ein weiteres Opfer gefordert. Am 3. Juni lief die Nachricht ein, daß der Gefreite Wehrmann Leop. Giebner am 29. Mai gefallen sei. In Cumieres, das er wenige Tage zuvor mit erstürmt, hatte ihm ein Gewehrschuß in den Kopf einen schnellen, schmerzlosen Tod gebracht. Zu Ostern war er, genesen von einer Verwundung am Rücken, die er am 6. März beim Sturm auf den Rabenwald erhalten hatte, noch daheim auf Urlaub gewesen. Und schweren Herzens war er fortgegangen, als ahnte er seinen Tod. Er folgte seinem jüngeren Bruder Max in die Ewigkeit nach, der am 26. Juli 1915 in Polen den Heldentod erlitten hatte. Ein schwerer Schlag für die tiefgebeugten Eltern und Schwestern, die mit dem Gefallenen den letzten Sohn und Bruder verloren haben. Die Trauerfeier am 18. Juni zeigte eine tiefe Teilnahme der ganzen Gemeinde. Gott bewahre sie vor fernerem Leid!

Reuße.